Von Sokrates bis zu den Klimaklebern - eine Theorie des zivilen Ungehorsams
Unverhältnismäßig? Verfassungsfeindlich? Moralistisch? Kriminell? Die aktuellen
Erscheinungsformen des zivilen Ungehorsams sind enorm umstritten. Doch was zeichnet zivilen
Ungehorsam eigentlich aus? Rechtfertigen "Klimakleber*innen" Reichsbürger*innen und
Bauernproteste zu Recht ihr Handeln mit diesem Begriff? Wir brauchen dringend eine überzeugende
und allgemeinverständliche Theorie des zivilen Ungehorsams - und die preisgekrönte
Rechtswissenschaftlerin Samira Akbarian hat sie uns geliefert. Akbarian
argumentiert dass die Potenziale des zivilen Ungehorsams für unsere Demokratie gerade in
seinen Gefahren liegen: indem er Defizite in demokratischen Verfahren aufzeigt
Teilhabebedingungen infragestellt und uns den Spiegel vorhält. Recht zu brechen so zeigt sie
kann daher gerade der Verwirklichung demokratischer Ideale dienen. Die Auffassung dass ziviler
Ungehorsam Demokratie und Rechtsstaat schadet müssen wir demnach hinterfragen. Es geht nicht
darum alle Arten des zivilen Ungehorsams zu rechtfertigen sondern zu lernen seine
demokratischen Äußerungen von autoritären zu unterscheiden. Akbarians These lautet dass
gelingende Formen des zivilen Ungehorsams als "Verfassungsinterpretation" verstanden werden
sollten. In ihrem Buch erläutert sie diese überraschende These und erklärt wie ziviler
Ungehorsam eine direkte demokratische Einflussnahme ermöglicht die Ungleichgewichte in
politischen Verfahren ausgleichen kann. "Ein Mensch der gegen ein von ihm als
ungerecht erfahrenes Gesetz verstößt und der die Strafe bereitwillig in Kauf nimmt bringt
damit in Wirklichkeit den allerhöchsten Respekt vor dem Gesetz zum Ausdruck." Martin Luther
King Jr. . Eine neue und streitbare Perspektive auf die Rolle des zivilen
Ungehorsams in der Demokratie . Samira Akbarians Forschungsarbeit wurde mehrfach
ausgezeichnet . Ziviler Ungehorsam destabilisiert macht unser Zusammenleben aber darin
auch wieder verhandelbar . Das zivile Moment des Ungehorsams liegt darin aus der eigenen
Vulnerabilität eine Kraft und ein Argument zu machen