Entgegen der Annahme die westdeutsche Anwerbepolitik sei ausschließlich den Bedürfnissen der
Industrie gefolgt zeigt dieses Buch dass sämtliche Initiativen zur Anwerbung ausländischer
Arbeitskräfte von den Herkunftsländern Italien Griechenland Spanien Portugal Türkei
Jugoslawien Marokko und Tunesien ausgingen. Damit versuchten diese etwa ihre aus der
westdeutschen Exportstärke resultierenden Devisenprobleme sowie Arbeitslosigkeit zu reduzieren.
Eine verbesserte Quellenlage sowie die systematische Sichtung regierungsamtlicher zum Teil
unverzeichneter Akten erzwingen eine Neubewertung der bundesdeutschen Ausländerpolitik der
Jahre 1953 bis 1973.Von bundesdeutscher Seite folgten die Anwerbevereinbarungen weniger
arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitischen Erwägungen sondern den Prinzipien klassischer
Außenpolitik: Die Bemühungen um einen potenziellen NATO-Partner oder um Entspannung im
Ost-West-Verhältnis spielten die entscheidende Rolle. Die solchermaßen definierte
Ausländerpolitik die ein stärker technikinduziertes Wachstum in der Bundesrepublik Deutschland
bis 1973 verhindert hat lässt erstmals auch eine fundierte Neubewertung des Anwerbestopps ab
diesem Zeitpunkt zu.