Im Gegensatz zu allen bis heute nachwirkenden Tendenzen den Begriff Leitkultur auf
nationalistische oder christliche Ausdeutungen zu verengen geht es in diesem Buch vornehmlich
darum ihm endlich einen wahrhaft demokratischen Sinn abzugewinnen. Was eine Leitkultur
auszeichnen sollte sind eher all jene avantgardistischen Bemühungen seit dem Ende des 18.
Jahrhunderts welche über politische sozioökonomische und bildungsbedingte Missstände
hinausweisen und Formen einer höher gearteten Gesellschaft entwerfen. Dabei sind vor allem
solche Zielvorstellungen ins Auge zu fassen die sich in den verschiedenen Künsten äußern und
mit denen sich die seit dem Zeitalter der Aufklärung angestrebte Utopie einer im besten Sinne
solidarischen und verantwortungsvollen Sozialordnung verwirklichen ließe. Nur das sollte in
Zukunft unter dem Terminus Leitkultur verstanden werden.