Der ländliche Raum galt im 19. und 20. Jahrhundert als harmonisch politikfern und - mal
positiv mal negativ - als unmodern. Anhand von drei Landgemeinden in Bayern Brandenburg und
dem Elsass analysiert Anette Schlimm Konzepte und Praktiken des Regierens im ländlichen Raum
zwischen 1850 und 1945. Sie zeigt auf wie diese Zuschreibungen in der alltäglichen
Regierungspraxis ständig bestärkt und erneuert wurden. Schulhausbau Zuchtstierhaltung und das
alltägliche Verwalten der Bürgermeister werden ebenso untersucht wie der wachsende Einfluss von
Verbänden und Parteien Gesetzesreformen und die Konstruktion von Ländlichkeit. Sowohl die
Dorfbewohner:innen als auch staatliche Behörden oder Politiker waren Akteur:innen in diesen oft
konflikthaften Geschichten. In unterschiedlicher Weise bezogen sie sich auf Vorstellungen von
Tradition um alltägliche Probleme und grundlegende Transformationen im Dorf zu bewältigen. So
zeigt sich: Die ländlichen Räume waren im 19. und 20. Jahrhundert nicht das Gegenteil sondern
integraler Bestandteil der Moderne.