Deutsch von Frank Günther Mit einem Essay von Kurt Tetzeli Romeo und Julia: die Namen stehen
längst für einen Mythos den Mythos der tragischen Leidenschaft. Die Geschichte hat unzählige
Nachahmer gefunden und der Aufruhr der Gefühle darin gehört heute trivialisiert und
ausschnittsweise zum Repertoire nicht weniger Seifenopern: der tödliche Zwist zweier Familien
der Blitzschlag der unerlaubten Liebe zwischen den Kindern dieser Häuser das Ungestüm und die
Zärtlichkeit mit denen sich beide dieser Liebe versichern der Todesmut mit dem Julia in den
Plan einwilligt sich als Scheintote »entführen« zu lassen um damit einer anderweitigen
Vermählung zu entgehen und Romeo nachzufolgen. Und dann natürlich die tragischste aller Szenen
der Liebestod: Romeo durch einen fatalen Zufall nur unzureichend über den Plan informiert
glaubt Julia tot und vergiftet sich in ihrer Gruft Julia erwacht und ersticht sich mit Romeos
Dolch. Das alles scheint eher romantisch als elisabethanisch und durch die gewohnte Brille des
19. Jahrhunderts (als das Stück als Tragödie zum großen Erfolg wurde während man es im 18.
ohne Bedenken auch mal glücklich enden ließ) sehen wir heute noch jene »große Liebe« die von
der »Gesellschaft« nicht gewollt wird. Shakespeare aber erfand zu seiner Zeit mit >Romeo und
Julia