Desertion gehörte in den Heeren des 18. Jahrhunderts zur Normalität und trat gelegentlich sogar
massenweise auf. Das wurde bisher pauschal mit der Zwangsrekrutierung oder mit moralischen
Mängeln der Rekruten erklärt ist aber kaum erforscht worden. Waren die Armeen am Ende gar
nicht die großen Motoren einer allgemeinen Disziplinierung für die sie immer gehalten wurden?
Was bedeutete die Desertion in einer Zeit in der viele Fürsten immer mehr Menschen für ihre
Kriege mobilisiert haben? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der Untersuchung die im Sinne
einer New Military History die strukturellen Probleme und Widersprüche des Heerwesens im
Spannungsfeld zwischen Fürstenstaatlichkeit und Bevölkerung beleuchtet. Das Buch entfaltet
zunächst die konkreten Auswirkungen der Desertion. Die Erörterung der Hintergründe geht sodann
schrittweise von den alltäglichen Lebensbedingungen und den organisatorischen Mängeln der Heere
zu den mutmaßlichen Motivationen der Soldaten voran. Dabei wird deutlich wie nachhaltig die
Desertion das Ideal funktionaler Disziplin tatsächlich in Frage stellte. In vielen Fällen war
sie sogar selbst Folge der mitunter rigorosen Disziplinierung. Der Kampf gegen die Desertion
weist überdies darauf hin daß die innere Überwachung fortschritt und Desertion auch
Verdrängung und Marginalisierung soldatischen Protests bedeutete. Die Aushebung der Soldaten
und die Verfolgung der Deserteure ging zudem mit einer zunehmenden Kontrolle über die
Bevölkerung einher. Im Zuge dieser Entwicklung zeichnete sich bereits der grundlegende Wandel
vom ungebundenen Söldner zum dienstverpflichteten Untertan ab.