Ulrich Hufeld rekonstruiert die Verfassungsdurchbrechung als eigenständige Kategorie der
Verfassungsänderung. Mit Rückhalt in der Begriffsgeschichte stellt der Autor ihre materielle
Seite in den Vordergrund: die Ausnahme auf Verfassungsebene. Im ersten Kapitel wird die
Weimarer Debatte in Erinnerung gerufen die politisch-existenzialistische Deutung der
Verfassungsdurchbrechung bei Carl Schmitt oder die Gleichheitsfrage bei Gerhard Leibholz. Nach
Inkrafttreten des Grundgesetzes brachte die verfassungsgesetzliche Salvierung der Europäischen
Verteidigungsgemeinschaft die mit Art. 79 GG überwunden geglaubten Probleme wieder auf die
Tagesordnung. Vor dem geschichtlichen Hintergrund analysiert der Autor neue Formen der
Verfassungsdurchbrechung. Der Europa-Artikel 23 lenkt die Integrationsgesetzgebung nunmehr in
das Regime des Art. 79 GG - allein das Unionsverfassung und Grundgesetz als Erscheinungsformen
der Verfassungsänderung. Im Prozeß der Wiedervereinigung sorgte der Einigungsvertrag für
Ausnahmerecht auf Verfassungsebene darunter die Gewährleistung der sowjetzonalen Enteignungen
1945-1949. Das dritte Kapitel ordnet und begrenzt diese Sonderbestimmungen über ihren Standort
im System der Verfassungsänderung. Aus der Fallanalyse gewinnt der Autor im Schlußkapitel
allgemeine Aussagen zur Dogmatik der Verfassungsänderung zur Allgemeinheit des
Verfassungsgesetzes und zum Vorrang der Verfassung. Am Ende steht der Nachweis daß die
Verfassungsdurchbrechung Bestand hat als spezifisch rechtfertigungsbedürftiger Typus der
Verfassungsgesetzgebung.