Der vorliegende Band ist der erste von zwei aufeinanderfolgenden Bänden die dem Thema Die
Umsetzung wirtschaftspolitischer Grundkonzeptionen in die kontinentaleuropäische Praxis des 19.
und 20. Jahrhunderts gewidmet sind. Wirtschaftswissenschaftler entwerfen wirtschaftspolitische
Grundkonzeptionen. Wie aber wurden diese in die Praxis umgesetzt? Wiederholt gewinnt man den
Eindruck daß die Umsetzung dem Zufall und dem politischen Tagesopportunismus mehr verdankt als
der wissenschaftlichen Idee. Nicht nur bei der politisch interessierten Allgemeinheit sondern
auch bei Wirtschaftswissenschaftlern das Verständnis für die Prozesse ihrer gesellschaftlichen
und politischen Wirkungsgeschichte zu wecken war das Bestreben des Dogmenhistorischen
Ausschusses in seiner Themensetzung. Birger P. Priddat schildert wie Karl Heinrich Rau die
grundsätzlichen Postulate von Adam Smith für die deutsche Verwaltungs- und Gesetzgebungspraxis
fruchtbar zu machen versuchte und wie er damit ein Deregulierungsprogramm als neue Aufgabe der
Verwaltungsjuristen entwarf. Karl Heinz Schmidt zeigt wie die jüngere deutsche
historisch-ethische Schule in ihrer Gestalt als sozialpolitische Schule ein markantes Beispiel
für die erfolgreiche Politikbeeinflussung durch die wirtschaftswissenschaftliche Konzeption
einer Gruppe von Gelehrten bietet. Der Beitrag des Herausgebers ist ganz und gar von der
Skepsis getragen ob in Mitteleuropa wirtschaftsliberale Politik tatsächlich auf die
wissenschaftlichen Konzepte der großen liberalen Ökonomen zurückging. Rainer Klump erklärt die
Entstehung des Konzeptes der Sozialen Marktwirtschaft bis zur Währungsreform aus dem
Konvergenzprozeß recht unterschiedlicher Einzelströmungen ein Beitrag welchen Norbert Kloten
in seinem Koreferat zu hinterfragen versucht. Abschließend schildert Kloten in faszinierendem
Detail die konzeptionellen Schwierigkeiten der Erarbeitung der deutsch-deutschen Währungsreform
von 1990. In der Weite seines zeitlichen Horizontes führt der Band somit in
Politikwerdungsprozesse unter ganz verschiedenen historischen Bedingungen ein.