Normtatsachen sind Tatsachen jenseits singulärer Konfliktrekonstruktion. Als generelle
Tatsachen überschneiden sie sich in ihrer bisherigen sprachlichen Verwendung mit den
sogenannten Rechtsfortbildungstatsachen legislative facts oder auch den Befundtatsachen.
Bedeutung erlangen Normtatsachen nicht nur im Zivilprozeß sondern in sämtlichen Rechtsgebieten
und zwar schon bei der argumentativen Aufbereitung des materiellen (!) Rechts. Zwischen den
methodischen Polen der Rechtsanwendung und der Rechtsfortbildung befindet sich der in dieser
Untersuchung interessierende Bereich der Rechtsfortschreibung. Hierbei handelt es sich um die
Konkretisierung von offenen Rechtsprogrammen (Generalklauseln unbestimmte Rechtsbegriffe).
Intention des Autors ist es die nicht zwingend notwendige Separierung materiellen und
formellen Rechts jedenfalls dort aufzugeben wo sie letztlich nicht durchzuhalten ist - im
Prozeß. Wo jedoch Normtatsachen (wie beispielsweise die Regeln der ärztlichen Kunst als
Konkretisierung der erforderlichen Sorgfalt) verarbeitet werden müssen sowohl die tradierten
Grundsätze desZivilprozesses (Verhandlungsmaxime Beibringungsgrundsatz non liquet und
Beweislastenentscheidungen) als auch das Beweiserhebungsverfahren selbst auf ihre Tauglichkeit
für den interessierenden Problemkreis hin überprüft werden.