Wenn die Glocken und das Glockengeläut auch seit alters her im öffentlichen Leben präsent sind
so ist ihr Gebrauch in den letzten Jahrzehnten doch vermehrt Gegenstand allgemeiner Kritik und
gerichtlicher Auseinandersetzungen geworden. Die »Sprache der Glocken« hat ihre
Selbstverständlichkeit verloren. Das Glockenrecht wird als »skurriler Randbereich« des
Staatskirchenrechts empfunden. Es zeigt sich jedoch daß die Außerachtlassung von historischem
Entstehungszusammenhang und theologischer Bedeutung des Glockengeläuts zu problematischen
rechtlichen Beurteilungen des Glockengebrauchs führen kann die dem durchaus komplexen System
seiner Symbolik nicht gerecht werden. Solche Unsicherheiten manifestieren sich beispielsweise
in der ebenso fragwürdigen wie juristisch anerkannten Unterscheidung von liturgischem
Glockenläuten und (vermeintlich) nichtsakralem Zeitschlagen. Ziel der Untersuchung ist es aus
diesem Grunde die Herausbildung des Glockenrechts im einzelnen zu dokumentieren und vor dem
Hintergrund der zahlreichen einschlägigen Gerichtsentscheidungen in Glockenangelegenheiten eine
Bestandsaufnahme und Analyse der heutigen verfassungsrechtlichen und
immissionsschutzrechtlichen Beurteilung zu leisten. Neben einer Darstellung der liturgischen
kulturgeschichtlichen kirchenrechtlichen und religionsverfassungsrechtlichen Aspekte des
Glockengebrauchs auf der Basis der jeweiligen geschichtlichen Entwicklung gilt der
immissionsschutzrechtlichen Beurteilung des Glockengebrauchs besondere Aufmerksamkeit. Hierbei
ermöglicht sowohl die (umstrittene) Unterscheidung zwischen Erheblichkeit und Zumutbarkeit nach
3 22 BImSchG als auch die immissionsschutzrechtliche Anerkennung partieller Vorrangrelationen
für bestimmte Anlagentypen eine dem Glockengebrauch zugute kommende dogmatische Einordnung.
Wenn auch das »Lesen von Tönen« (A. Corbin) schwierig geworden ist so gewährleistet die
Rechtsordnung nach wie vor den Gebrauch von Kirchenglocken und erweist sich insofern