Die Autorin beschäftigt sich mit der Revisionszulassung im arbeitsgerichtlichen Verfahren wegen
Divergenz und der Beschwerde zum Bundesarbeitsgericht wegen Nichtzulassung der Revision im
Falle behaupteter Divergenz ( 72 72 a ArbGG). Gegenwärtig stellt sich die Divergenzbeschwerde
aus Partei- und Anwaltssicht als hochkomplizierter und wenig aussichtsreicher Rechtsbehelf dar.
Die einschlägigen Beschlüsse des Bundesarbeitsgerichts erwecken indes durchweg den Eindruck
die Beschwerdeführer beherrschten nicht einmal das grundlegende Handwerkszeug. Zunächst wird
untersucht ob höchstrichterliche Rechtsprechung und Literatur verläßliche Kriterien für eine
ordnungsgemäße und erfolgreiche Divergenzbeschwerde anbieten. Auf eine kurze historische
Einführung folgt eine kritische Bestandsaufnahme der Anwendung der 72 72 a ArbGG 1979 und der
Vorgängervorschrift ( 72 ArbGG 1953). Annemarie Jakobs legt sodann die einzelnen
Tatbestandsmerkmale unter Berücksichtigung des Revisionszwecks und der klassischen Methoden von
Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung neu aus. Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Annahme
daß die Revision nicht nur dem allgemeinen Interesse an Rechtssicherheit und -fortbildung dient
sondern auch um der Parteien und der gerechten Einzelfallentscheidung willen zugelassen ist.
Der Normwortlaut Entscheidung in der Rechtsfrage führt zur Abkehr von der gängigen Forderung
nach dem Aufstellen eines abstrakten Rechtssatzes. Eine trennscharfe Differenzierung von - die
Zulassung begründendem - Aufstellen eines Rechtssatzes und - revisionsunbeachtlichem -
Subsumtionsfehler erweist sich als unmöglich. An der Entscheidung in einer Rechtsfrage fehlt es
nur wenn eine Norm die nicht auslegungsbedürftig ist und keiner Rechtsfortbildung bedarf im
Einzelfall unrichtig angewendet wurde sowie bei Äußerung eines obiter dictums. Als Korrektiv
für die daraus folgende nachhaltige Erweiterung des Kreises divergenzbegründender
Entscheidungen wird das Merkmal Abweichung herausgearbeitet. Mittels der vergleichend
betrachteten Methoden des case law läßt sich nachweisen daß jeweils nur relevant gleichen
Fällen divergenzbegründende Kraft zukommt. Der hierzu nötige Ähnlichkeitsvergleich ist aus
objektivierter Sicht vorzunehmen. Er schließt auch die bloße Möglichkeit der Divergenz ein und
geht verstärkt auf den Sachverhalt zurück. Das Merkmal des Beruhens wird auf das angefochtene
Urteil und dort auch auf die Doppelbegründung erstreckt.