Die Behandlung von Willensmängeln bei der Einwilligung ist ein strafrechtlich wenig geklärtes
Problemfeld. Die Rechtsprechung zieht sich auf den Standpunkt zurück alles sei eine Frage des
Einzelfalles. In der Literatur vertreten heute viele die Auffassung nur rechtsgutsbezogene
Willensmängel seien geeignet die Wirksamkeit einer Einwilligung zu beseitigen. Der Begriff des
Rechtsgutsbezugs ist dabei aber undeutlich geblieben und auch sonst sind die Anhänger dieser
Ansicht sich in der Beurteilung des Fallmaterials nicht einig. Nicht zuletzt deshalb nimmt in
letzter Zeit die Kritik an der Lehre vom Erfordernis eines Rechtsgutsbezugs relevanter
Willensmängel zu. Die vorliegende Abhandlung macht sich diese Kritik zu eigen und sucht sie zu
vertiefen. Ausgehend von normtheoretischen Überlegungen zeigt sie daß die Entscheidung über
die Wirksamkeit einer Einwilligung nicht mit der Aufgabe belastet werden muß denjenigen der
in die Rechtsgüter des Einwilligenden eingreift vor den Folgen einer unwirksamen Einwilligung
zu schützen. Diese Schutzfunktion übernimmt vielmehr die allgemeine Lehre von der Zurechnung
einer rechtswidrigen Güterverletzung. Deshalb kann bei der Beurteilung der Wirksamkeit
mangelbehafteter Einwilligungen ohne weiteres der Überlegung Raum gegeben werden daß der
Einwilligende möglichst nicht an eine Erklärung gebunden werden sollte die er nicht wirklich
wollte. Den skizzierten Gedanken verfolgt die Arbeit über einzelne Fallkonstellationen irrig
erteilter und erschlichener Einwilligungen hinweg. Sie zeigt dabei daß die herrschende Lehre
bei den viel diskutierten Fragen der ärztlichen Aufklärungspflicht und der Beurteilung
erschlichener AIDS-Tests nach dem vom Verfasser entwickelten Prinzip verfährt.