Die Arbeit ist ein Beitrag zu den Grundlagen der europäischen Privatrechtstradition. Ihren
Gegenstand bilden die Digesta des Publius Alfenus Varus (Konsul 39 v.Chr.) das älteste für die
justinianischen Digesten exzerpierte Werk der römischen Jurisprudenz. Die Untersuchung will den
Werkcharakter und die Darstellungsformen dieser Juristenschrift ermitteln will die Herkunft
des verarbeiteten Rechtsstoffs sowie die Art und Weise und den Zweck seiner Behandlung
bestimmen und nicht zuletzt die Textgeschichte des Werks von seiner Niederschrift bis zu
seiner Verwendung durch die Juristen Justinians rekonstruieren. Das Mittel der Untersuchung ist
die philologische und juristische Analyse prinzipiell aller Fragmente in ihrem
Werkzusammenhang. Die Exegese einer repräsentativen Auswahl der überlieferten Entscheidungen
bildet darum den Kern der Arbeit. Im dogmatischen Kontext sind diese Entscheidungen seit
Begründung der europäischen Rechtswissenschaft in Bologna vor 800 Jahren vielmals geprüft
worden. Hier nun versucht Roth sie als individuellen nach Methode und Darstellung distinkten
Beitrag des Juristen Alfenus Varus zu Ausbildung und Entwicklung des römischen Rechts und der
römischen Rechtsliteratur zu erfassen. Dabei ergibt sich daß Alfens Digestenwerk Justinian
nicht mehr erreicht hat daß seinen Juristen vielmehr zwei Auszüge vorlagen die aber die
ausgewählten Texte unverändert aus dem Original übernommen und nahezu unverändert bewahrt
hatten. Das Digestenwerk selbst war eine Sammlung von Entscheidungen die aus der
Gutachterpraxis stammten offenbar aber für den fortgeschrittenen Rechtsunterricht didaktisch
aufgearbeitet waren. Die Darstellungsweise war außerordentlich homogen. Erst Justinians
Kompilatoren haben viele Fragmente zum Teil erheblich verkürzt stets mit Sachverstand oft
aber ohne grammatische Sorgfalt. Die unter Alfens Namen überlieferten Texte - deren
Palingenesie im 8. Kapitel der Arbeit versucht wird - geben somit wirklich Recht der späten
Republik wieder. Dieses Recht ist von der klassischen Jurisprudenz in den beiden folgenden
Jahrhunderten noch verfeinert in seinen allgemeinen Wertvorstellungen aber kaum noch verändert
worden. Es sind diese Wertvorstellungen in denen die Einheit der europäischen
Privatrechtstradition gründet.