Woran scheiterte im klassischen römischen Recht ein irrtumsbehafteter Vertrag: an der fehlenden
Bestimmung seines Gegenstands oder am Mangel der Übereinstimmung im Willen? Vorgeprägt durch
die moderne Vorstellung des Vertrags als einer Summe von Willenserklärungen neigt man dazu
die fehlende Willensübereinkunft für ausschlaggebend zu halten. Sie bleibt übrig wenn man die
heutige willenstheoretische Konstruktion des Vertrags um den Erklärungsfaktor bereinigt. Ist es
aber wirklichdenkbar daß man in Rom der Äußerung der Parteien keine Bedeutung beigemessen hat?
In den Gutachten der klassischen Juristen finden wir zwar keine Spuren einer Theorie der
Willenserklärung. Dies bedeutet freilich noch nicht daß auch der objektive Vertragsinhalt als
gemeinsame Äußerung der Parteien ohne weiteres aus Rücksicht auf deren innere Einstellung
übergangen worden wäre. Daß die römischen Juristen dem äußeren Hergang eines Vertrages einen
Eigenwert beigemessen haben kommt gerade in der für uns so fremdartig wirkenden Gleichsetzung
von Irrtum und Dissens zum Ausdruck: Wer sich auf dissensus berief und geltend machte daß es
am nötigen Konsens für die Vertragsbindung fehlte mußte behaupten und beweisen können daß er
einem Irrtum unterlegen war. Dessen Gegenstand war der Vertragsinhalt wie er sich aus dem
objektiven Erscheindungsbild der Vereinbarung ergab und die Vermutung des consensus für sich
hatte. Nicht dieser war gesondert geprüfte Voraussetzung der Vertragsgeltung der Irrtum
vielmehr ein Einwand mit dem sich ein Vertragspartner auf die Diskrepanz von objektivem
Geschäftsinhalt und Parteivorstellung berief. Eine Überschneidung mit dem Recht der
Leistungsstörungen war dabei ebenso ausgeschlossen wie die Vermischung von Irrtumsrecht und
Auslegung.