Was heißt Kulturgeschichte des Politischen? Es ist alles andere als eindeutig und unumstritten
was das Politische als auch was Kultur als schließlich auch was Kulturgeschichte ist - umso
mehr gilt das für eine »Kulturgeschichte des Politischen«. Auf der Tagung des SFB 496 in
Münster im Oktober 2003 die dieser Sammelband dokumentiert ging es um eine Bestandsaufnahme:
Welche geschichtswissenschaftlichen Ansätze firmieren derzeit unter diesem Etikett worin
liegen fundamentale Gemeinsamkeiten und Unterschiede welche theoretischen Konzepte werden
prominent dazu herangezogen welche Gegenstandsbereiche werden damit erschlossen? Bei den
methodisch-theoretischen Beiträgen ebenso wie in den exemplarischen Fallstudien geht es um die
Frage auf welche Weise und mit welchen Ergebnissen die sogenannte kulturalistische Wende für
die Politische Geschichte der Neuzeit fruchtbar gemacht worden ist und zukünftig noch gemacht
werden kann. Schließlich soll der Sammelband auch zur Klärung einiger verbreiteter
Mißverständnisse und Vorwürfe beitragen mit denen gerade eine Kulturgeschichte des Politischen
immer noch konfrontiert ist. Die hier unter diesem Etikett versammelten Aufsätze haben gemein
daß sie von einem weiten sozialanthropologischen Kulturbegriff ausgehen wonach Kultur über
die fundamentale Fähigkeit des Menschen zur Symbolerzeugung definiert wird und die Gesamtheit
der symbolischen Hervorbringungen - von der Sprache über die Institutionen und Alltagspraktiken
bis zur Wissenschaft - umfaßt. Ihr gemeinsames Anliegen ist die Dekonstruktion eines
überhistorisch-universalisierenden und essentialistischen Verständnisses politischer
Handlungsformen und Institutionen Wertvorstellungen und Motive. Der Weg dazu führt über die
Rekonstruktion von Diskursen und Praktiken in denen sich die zeitgenössischen
Bedeutungsstrukturen greifen lassen ohne die die zeitgenössischen Macht- und
Herrschaftsstrukturen nicht angemessen zu verstehen sind.