Carl Schmitt war ein Denker konkreter Situationen. Angesichts der Literatur zu seiner Bedeutung
als Kulturkritiker Geschichtsphilosoph oder homme de lettres wird oft vergessen daß er in
erster Linie der Betrachter der höchst handgreiflichen Politik seiner Zeit und ihrer
ideologischen Verschleierungen war. Doch erst in Bonn wo er 1922-1928 lehrte wurde Schmitt
zum Theoretiker des Politischen der rasch auf die Ereignisse reagierte. Hier erlebte er die
Besetzung der Rheinlande und mußte deren Abtrennung vom Reich befürchten hier erfuhr er deren
Weiterung: die Besetzung des Ruhrgebiets durch französische und belgische Truppen im Januar
1923. Diese Maßnahmen erfolgten im Namen von Recht und Legalität sollten die Heiligkeit der
Verträge sichern und basierten auf einem Völkerrecht das aus deutscher Sicht als Fortsetzung
des Krieges mit anderen Mitteln erschien. Die Juridifizierung der Politik und der gewollte
Mangel an Sichtbarkeit des Feindes zur Verschärfung der Feindschaftführend und im
diskriminierenden Kriegsbegriff mündend wurden von nun an wichtige Themen Schmitts. Angesichts
heutiger weltpolitischer Ereignisse deren Politikziel Herstellung von freiheitlichen und
demokratischen Verhältnissen vielen nur als Vorwand für eigentlich gemeinte Ziele wie
ökonomische Expansion geostrategische Kontrolle und Strafkrieg erscheint sind Schmitts
damalige Überlegungen von fortdauernder Aktualität.