In ihrer Geschichte musste sich die Russische Orthodoxe Kirche wiederholt mit Modernisierungen
auseinandersetzen. Der im 21. Jahrhundert zu beobachtende Widerstand gegen die als westlich
verstandene Moderne mit ihren liberalen und säkularen Werten setzt diese Auseinandersetzung
fort. Die vorliegende Studie zeigt zum einen wie sich die kirchlichen Argumentationen gegen
(und manchmal für) Modernisierungen historisch entwickelt haben und welche Einflüsse für die
offizielle Positionierung entscheidend wurden. Zum anderen macht die systematische Untersuchung
zentraler dogmatischer Traktakte deutlich dass die russisch-orthodoxe Theologie selbst ein
großes Potential für eine konstruktive Auseinandersetzung mit Phänomenen der modernen Welt
bietet. Der aktuelle Umgang der Kirche mit der modernen Gesellschaft in der sie sich befindet
ist so als ein Abwägen der eigenen theologischen Ambivalenz zwischen Einheit und Vielfalt zu
verstehen.