Eine Neuerzählung der Lebensmitte Wir alle kennen das stereotype Bild des Mannes der
sich in der berühmten Midlife-Crisis befindet: Seines Alltags als Ehemann und Vater überdrüssig
geht er »nur schnell Zigaretten holen« und braust mit der neuen Freundin im Sportwagen davon
um für immer zu verschwinden. Doch das verbreitete Klischee männlicher Selbstfindung ist nicht
der einzige Entwurf der Lebensmitte. Im Gegenteil: Der Begriff Midlife-Crisis hat feministische
Ursprünge. Bekannt machte ihn die New Yorker Journalistin Gail Sheehy in ihrem Bestseller
Passages (1976) um der zunehmenden Unzufriedenheit von Frauen mit ihrer Mutter- und
Hausfrauenrolle einen Namen zu verleihen. Die Midlife-Crisis im Sinne eines Neuanfangs in den
mittleren Lebensjahren einer Frau verbunden mit weiblichem Aufbegehren und dem Kampf gegen
tradierte Geschlechterrollen verbreitete sich als ein Konzept der Frauenbewegung der 1970er-
und 1980er-Jahre. Im weiteren Verlauf eigneten sich konservative Psychologen Psychiater und
andere Experten den populär gewordenen Begriff an deuteten ihn radikal um und besetzten ihn
neu: Die Midlife-Crisis als männliches Phänomen gleichbedeutend mit dem Ausstieg der Playboys
aus dem Familienleben war geboren - samt aller mit dieser Idee einhergehenden
anti-feministischen Implikationen. Susanne Schmidt erzählt den packenden
wissenschaftshistorischen Krimi von der patriarchalen Vereinnahmung eines Konzepts das der
Frauenbewegung entstammt und lädt zu einer Rückbesinnung auf das emanzipatorische Potenzial
der Midlife-Crisis ein.