Die Galanterie ist ein ästhetischer medien- und emotionshistorischer Knotenpunkt der neueren
Literatur- und Kulturgeschichte. Im 17. und 18. Jahrhundert erfreuten sich galante Texte in
Form von Romanen Benimmbüchern und Zeitschriften großer Beliebtheit. Ihre Strahlkraft
erstreckte sich vom Salon der berühmten Madeleine de Scudéry über wichtige Mitglieder der
barocken Sprachgesellschaften wie Sigmund von Birken und Catharina Regina von Greiffenberg bis
zum frühaufklärerischen Gelehrten Christian Thomasius. Nicht nur die galanten Texte von August
Bohse Christian Friedrich Hunold und Johann Leonhard Rost sondern auch Werke der Aufklärer
und Empfindsamen Johann Michael von Loen Christian Fürchtegott Gellert und Gotthold Ephraim
Lessing lassen sich vor diesem Hintergrund neu erschließen. Isabelle Stauffer fragt in ihrer
Studie erstmals aus einer dezidiert kulturwissenschaftlichen Perspektive danach wie galante
Texte zur Lektüre verführen. Sie zeigt wie es zu einem produktiven europäischen Kulturtransfer
kommt und wie die Texte einem ständisch gemischten Publikum höfisch distinktives Lesevergnügen
und praktisches Wissen für den sozialen Aufstieg versprechen. Die Galanterie erweist sich als
Grundlage für spätere Entwicklungen: Sie befördert die Gattung des Briefromans trägt zur
Entstehung des modernen Romans bei und ebnet der Zeitschrift den Weg. Emotionale
Beziehungsformen wie Zärtlichkeit Freundschaft und Liebesheirat werden nachhaltig von ihr
geprägt zugleich wird ein modernes Körperverständnis vorbereitet. Ästhetische Prinzipien der
Galanterie wie das je ne sais quoi die air und der tour schließlich weisen auf Aufklärung und
Moderne voraus.