Die Adelserziehung in der Frühen Neuzeit hat in den letzten Jahren verstärkt das Interesse der
Forschung auf sich gezogen. Dies lässt sich sowohl mit der Renaissance der sozial- und
kulturhistorischen Adelsforschung als auch mit dem bildungsgeschichtlichen Interesse an
standesspezifischen Ausbildungsformen und -praktiken erklären. Insbesondere die Kavalierstour
bzw. Grand Tour als Bildungsreise der europäischen Oberschicht und die damit einhergehenden
kulturellen Transferprozesse sind Gegenstand einschlägiger Studien geworden. Obwohl dabei auch
Aspekte des Sprachenlernens thematisiert wurden wird der Erwerb von Fremdsprachen im Kontext
der Adelserziehung in diesem Band erstmals im größeren europäischen Zusammenhang aufgearbeitet.
Der Adel wurde in der Frühen Neuzeit zu einem wesentlichen sozialen Träger von Kenntnissen
moderner Fremdsprachen. Die Entstehung eines Netzwerks ständiger Gesandtschaften die
Bürokratisierung und administrative Verdichtung frühneuzeitlicher Territorialstaaten sowie die
Herausbildung stehender Heere führten zu einem wachsenden Bedarf an umfassend gebildeten und
professionalisierten Diplomaten höheren Beamten und Offizieren die sich zu einem
beträchtlichen Teil aus dem Adel rekrutierten. Der Band deckt das Thema chronologisch wie
geographisch breit ab und nimmt zeitliche Veränderungen sowie Gemeinsamkeiten und Unterschiede
zwischen europäischen Ländern in den Blick. Neben dem hohen und niederen Reichsadel werden der
englische französische italienische schwedische böhmische kroatische baltische und
russische Adel behandelt. Von besonderem Interesse sind die Zusammenhänge zwischen
Fremdsprachenlernen höfischer Kultur und adeligem Selbstverständnis.