Der Gang nach Canossa wurde und wird in der Geschichtsschreibung überwiegend nach politischen
Kriterien interpretiert. Ernst-Dieter Hehl geht in seiner Studie einen neuen Weg und
beschäftigt sich eingehend mit den Quellen zum Thema die einen vielschichtigeren Blick auf die
Ereignisse erlauben. Es zeigt sich dass die Ordnungen zu Exkommunikation Buße und Absolution
wie sie im Dekret Burchards von Worms oder im Pontificale Romano-Germanicum greifbar waren das
Geschehen maßgeblich bestimmten. Um als Exkommunizierter die Absolution zu erhalten musste der
König als erstes die Folgen seines vorangegangenen Fehlverhaltens beseitigen. So leistete König
Heinrich vor Papst Gregor einen Eid (Reg. IV 12a) in dem er sich verpflichtete seinen
Konflikt mit den Fürsten nach Maßgaben des Papstes beizulegen. Gregors VII. Brief an die
deutschen Fürsten (Reg. IV 12) stellte sodann die erforderliche Mitteilung über die Absolution
eines Exkommunizierten dar. Neben kirchlich-religiöse Vorstellungen trat mit der Kategorie des
honor auch eine zeitgenössische soziale Kategorie. Mit seinem Erscheinen in Canossa erkannte
Heinrich den honor des Papstes an den er ihm 1076 in Worms noch abgesprochen hatte. Gregor tat
seinerseits das Gleiche hinsichtlich des Königs den er nun absolvierte. Heinrich wiederum
verpflichtete sich gegenüber dem Papst den honor der Fürsten die ihm auf Seiten Gregors
Widerstand geleistet hatten unangetastet zu lassen.