Die Großen Reformen im Zarenreich der 1860 70er Jahre ließen keinen Lebensbereich unberührt. Zu
den wichtigen Folgen der eingeleiteten gesellschaftlichen Modernisierung gehörte auch die
Auflösung der Grenzen zwischen den einzelnen ethnisch-konfessionellen Gemeinschaften. Die
interethnischen und interkonfessionellen Beziehungen wurden zunehmend durch wirtschaftliche
Konkurrenz und wachsende soziale Spannungen geprägt.In der historisch-anthropologisch
angelegten Studie von Dmytro Myeshkov wird das Alltagsleben der Deutschen in den südlichen und
südwestlichen Randgebieten des Russischen Reichs in seiner Verflechtung mit anderen
Bevölkerungsgruppen auf der Grundlage von Gerichts- und Polizeiakten rekonstruiert. Anhand der
aus mehreren regionalen Archiven der Ukraine und der Republik Moldova stammenden Quellen
beschreibt Myeshkov die Deutschen als eine heterogene Gruppe und schenkt insbesondere den
unmündigen ländlichen wie städtischen Unterschichten besondere Aufmerksamkeit. Im Anhang des
Buches befinden sich eine ausführliche Darstellung der ausgewählten Fallbeispiele sowie Auszüge
aus der russischen Kriminalitätsstatistik.