Pirmin ( um 753) erster Abt der Klöster Reichenau Murbach und Hornbach hat mit seinem
Scarapsus einen katechetischen Traktat hinterlassen in dem spätantike wie zeitgenössische
Strömungen der ethischen Unterweisung in stark konzentrierter Form und stets mit den passenden
biblischen Zitaten gut unterlegt exemplarisch zusammenfließen. Diesem kompositorischen Prinzip
und dem daraus resultierenden hohen Gebrauchswert als Predigtvorlage verdankt das in der ersten
Hälfte des 8. Jh. entstandene für die pastorale Praxis gedachte Werk seine für
frühmittelalterliche Texte dieses Genres außergewöhnlich weite Verbreitung. Der Scarapsus wird
in der vorliegenden Neuausgabe erstmals auf Grundlage der gesamten handschriftlichen
Überlieferung herausgegeben und ist mit einer durchgängigen Analyse seiner literarischen
Vorlagen- und Paralleltexte versehen. Die Edition bietet den Text zudem in derjenigen
sprachlichen Form die für die Zeit seiner Abfassung und für seinen Überlieferungszusammenhang
repräsentativ und angemessen ist. Über die literarische Rezeption und die im kritischen Apparat
verzeichneten textlichen Veränderungen die der Scarapsus bis ins späte Mittelalter erfahren
hat lassen sich wechselnde Schwerpunkte und wandelnde Interessen seiner mittelalterlichen
Benutzer ebenso nachvollziehen wie Phänomene sprachlichen Wandels im Spannungsfeld zwischen
spätantiker respektive frühmittelalterlicher Latinität und der Ausdifferenzierung romanischer
Einzelsprachen worauf im Einleitungsteil besonders eingegangen wird.