In der Mitte des 12. Jahrhunderts entsteht mit der Visio Tnugdali ein Text der zum
mittelalterlichen Bestseller avancieren sollte. Doch ist es nicht allein die schiere Anzahl der
Handschriften (mehr als 150 Manuskripte zahlreiche volkssprachliche Übersetzungen) die eine
Beschäftigung mit dieser Jenseitsreise lohnenswert macht. Die Reise des irischen Ritters
Tnugdal durch die Jenseitsräume die der Bruder (frater) Marcus der wahrscheinlich aus
Regensburg stammt und über den sonst nur sehr wenig bekannt ist erzählt ist ein
eindrucksvolles Zeugnis kollektiver Vorstellungen über die letzten Dinge die jeden Menschen im
Jenseits erwarten. Der Weg durch Feuer und Schwefel hin zu den himmlischen Orten ist dabei
Ausdruck der menschlichen Neugier das Arkane selbst zu erhellen und zeigt in der theologischen
Fundierung des Textes gleichwohl wie eine solch gewagte Wissensvermittlung - da sie sich
letztlich an den Grenzen der Häresie bewegt - gelingen kann. Mit der vorliegenden Ausgabe liegt
dieser intensive Ausdruck mittelalterlicher Glaubensvorstellungen erstmals in einer
vollständigen ausführlich kommentierten deutschen Übersetzung vor die auf einer Neuedition
des lateinischen Textes beruht.