Das Gedenkjahr der Reformation 2017 löst eine große Resonanz aus. In den 500 Jahren seither
sind nicht nur an die Reformation sondern auch an die Person Martin Luthers vielfältige
Deutungen und Identifikationen herangetragen worden. Diese bestimmen teils nur wenig bewusst
auch unsere heutigen Vorstellungen von Inhalt Bedeutung und Wirkung der Reformation nachhaltig
mit. So wurde Luther der Held der reformatorischen Bewegung der Garant der konfessionellen
Orthodoxie die Ausgeburt des Teufels der Aufklärer und Streiter für ein vernünftiges
Christentum der biedere Ehemann unter dem Weihnachtsbaum der Repräsentant deutschen Mutes und
Trotzes schlechthin der Wegbereiter einer 'völkischen' Theologie schließlich der Medienstar
des Historienfilms. In allen diesen Aufbereitungen hat die jeweilige Epoche ihr eigenes
Selbstverständnis eingearbeitet: Man erschuf einen Luther der den zeitgenössischen Leitbildern
entsprach. Diese Leitbilder haben auch konfessionelle Werte und Überzeugungen transportieren
wollen und so blieb das Lutherbild lange ein Gegenstand der evangelisch-katholischen
Kulturkämpfe. Mit Blick auf das Reformationsjubiläum 2017 untersuchen die 14 Beiträge des
vorliegenden Bandes diese Lutherbilder und Lutherimaginationen in ihren Entstehungskontexten.
Dies geschieht in ökumenischer Absicht: als kritische Rückfrage an jene Vorstellungen die auch
derzeit noch prägend sind und als Versuch die Bedeutung Luthers für eine Geschichte des
Christentums im 21. Jahrhundert neu zu bedenken.