In ihrem Meisterwerk Geschichten vom Hulanfluß läßt die chinesische Schriftstellerin Xiao Hong
den Ort und die Zeit ihrer Kindheit Wiederaufleben. Aus der Warte des kleinen Mädchens
beschreibt sie das Städtchen Hulan im Nordosten Chinas zu Beginn des 20. Jahrhunderts und das
Familienleben in einem chinesischen Wohnhof. Das unbeschwerte Zusammensein mit dem Großvater
kontrastiert sie mit der Kälte im Elternhaus wo einem Mädchen nur Verachtung geschenkt wird.
Mit feiner Ironie beobachtet die Erzählerin die »Attraktionen« des Städtchens wie Tempelfeste
und den Tanz der Schamanin ebenso wie den Alltag der Bewohner. In der tragischen Geschichte
von der Kindbraut die von ihren Verwandten einer im konfuzianischen Sinne »vorbildlichen«
Familie in den Tod getrieben wird zeigt Xiao Hong wie sehr sich die Tradition gegenüber der
Humanität in einer Gesellschaft behauptet die Lu Xun einmal als »eine Gesellschaft von
Menschenfressern« bezeichnet hat.