Mechthild von Magdeburg lebte von etwa 1207 bis 1282. Nach eigener Aussage hatte sie mit zwölf
Jahren ihre erste mystische Gotteserfahrung. Im Alter von etwa 23 Jahren verließ sie ihre
Heimat und ihre wohlhabende Familie um in Magdeburg arm und unbekannt als Begine bis in die
sechziger Jahre des 13. Jahrhunderts ein klösterliches Leben zu führen ohne jedoch einem
eigentlichen Orden anzugehören. Von ihrem langjährigen Beichtvater Heinrich von Halle ermuntert
begann sie um 1250 ihre geistlichen Erfahrungen niederzuschreiben: Visionen Betrachtungen
Liebesdialoge Lehr- und Streitgespräche Merkverse und Gebete die als Sammlung unter dem
Titel Das fließende Licht der Gottheit das erste große deutsch geschriebene mystische Werk
darstellen das zugleich eines der originellsten und bedeutendsten Werke der mittelalterlichen
Literatur ist. Wegen scharfer Kritik am Ordens- und Weltklerus angefeindet trat sie um 1270
schwerkrank in das Kloster Helfta bei Eisleben ein. Dort entstand das siebente und letzte Buch
des Fließenden Lichts. In ungewöhnlicher Kühnheit wird hier angeregt durch die erotische
Bildersprache des Hohenliedes die Begegnung Gottes und der liebenden Seele in der Unio mystica
als Vereinigung von Braut und Bräutigam umschrieben. Neben solchen Passagen der Beseligung
durch Gott und den Klagen über sein Fernsein finden sich im Werk aber auch andere Abschnitte
die nicht weniger kühn erscheinen: geschliffen formulierte Anklagen der ungelehrten Frau'
gegen unwürdige Vertreter des geistlichen Standes. Innovativ ist Das fließende Licht auch als
frühes und in seiner Form einmaliges Werk der autobiographischen Gattung: als Darstellung eines
aus ganz persönlichen Voraussetzungen Möglichkeiten wie Schwächen in äußerster Anspannung
bewältigten Lebens. Diese Einmaligkeit findet ihren Ausdruck in einem bewegenden persönlichen
Erfahrungsstil' und einer biographischen Struktur': ein großes Erbe mittelalterlicher
Frauenmystik.