Als Papst Benedikt XVI. am 21. Januar 2009 die Exkommunikation von vier Bischöfen der
traditionalistischen Pius-Bruderschaft darunter auch der Holocaustleugner Richard Williamson
aufhob stellte dies einen weiteren Akt in der konfliktreichen Auseinandersetzung der
katholischen Kirche mit einer aufgeklärten Moderne dar. Die katholische Kirche begegnete den
Herausforderungen der Neuzeit seit dem 19. Jahrhundert mit einer Bekräftigung des päpstlichen
Primats und der Verteidigung der überkommenen Lehrgestalt. Um die Wende zum zwanzigsten
Jahrhundert bemühten sich Theologen und Denker wie Alfred Loisy George Tyrrell Romolo Murri
oder Hermann Schell das Dogma mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen und den
gesellschaftlichen Entwicklungen in Einklang zu bringen und Theologie mittels neuzeitlicher
Denkvoraussetzungen zu formulieren. Papst Pius X. und die römische Kurie verurteilten dies als
Modernismus exkommunizierten dessen Repräsentanten oder indizierten ihre Schriften. Erst die
Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) insbesondere zu Religionsfreiheit und
Menschenwürde zur Ökumene zu den nichtchristlichen Religionen und zur Kirche in der Welt von
heute öffneten die katholische Kirche offiziell für die Neuzeit. Doch genau diese Dokumente
werden von der Pius-Bruderschaft bis heute als modernistisch und damit als ketzerisch
abgelehnt. Kann eine solche Ablehnung heute innerhalb der katholischen Kirche einen legitimen
Platz finden? Peter Neuner zeichnet die Entwicklungen des Streits um den katholischen
Modernismus detailliert nach und stellt dessen Protagonisten und ihre Gegenspieler vor. In
einem umfangreichen Textanhang werden sowohl grundlegende Schriften der Modernisten als auch
die gegen sie gerichteten Lehrdokumente abgedruckt.