Bei Heideggers Vorlesungsausarbeitung für das Sommersemester 1929 handelt es sich im Kern um
eine Fichte-Vorlesung. Ausführlich interpretiert wird die Darstellung der drei Grundsätze der
Wissenschaftslehre von 1794 sodann die Grundlagen des theoretischen Wissens und der
Wissenschaft des Praktischen. Nach einer kurzen Zwischenbetrachtung über Schelling folgt als
Einstieg in die Hegelsche Philosophie die Diskussion der Differenzschrift. Abschließend wird
das Anfangsproblem in der Hegelschen Logik behandelt.Ergänzt wird die Vorlesungsausarbeitung
durch eine großzügige Auswahl aus einer Mitschrift der einzelnen Vorlesungsstunden. Vergleiche
mit ebenfalls vorhandenen Nachschriften ergeben für sie eine hohe Authentizität. Vielfach ist
Heidegger in seinem Vorlesungsvortrag über seine Ausarbeitung hinausgegangen und hat oft zu
gewagteren schärferen aber auch erweiternden Formulierungen gefunden.Die Beschäftigung mit
Fichte ist für Heidegger zu einer überraschenden Lese-Erfahrung geworden und hat ihm wie er
selbst an Jaspers schrieb eine ganz neue Welt eröffnet. In der Tat wenn Heidegger am Ende der
Vorlesung von Hegel sagt was auch auf den Begründer Fichte zurückbezogen werden kann daß er
Kant überlegen sei so dokumentiert sich eine ganz neue Einstellung gegenüber dem deutschen
Idealismus. Sozusagen nach Abwurf alles Formellen und Deduktivistischen bei Fichte kann
Heidegger die Wissenschaftslehre wie eine Metaphysik des Daseins lesen. Gelegentlich stellt er
ausdrücklich Bezüge her zu den fundamentalontologischen Problemen: bei der Deutung der
Eigentümlichkeit der thetischen Urteile das Problem des Ursprungs der Unterscheidung von
Kategorien und Existenzialien und beim Widerstreit zwischen reiner und objektiverTätigkeit das
Problem der Transzendenz bzw. der ontologischen Differenz.