Die Untersuchung leistet einen Beitrag zur Aufhellung der Wechselwirkung zwischen Theorie und
Praxis der Geschlechterordnung um 1800. Der Briefwechsel der Schriftstellerin Therese Huber
(1764-1829) mit ihrem Schwiegersohn Emil von Herder (1783-1855) gewährt minutiöse Einblicke in
das Leben um 1800. Hier treffen theoretischer Diskurs und Realität spannungsreich aufeinander.
Welche Wirkungsmacht entfalteten Frauen- und Männerbilder? Wie reagierte darauf eine Frau wie
Huber die diesem Frauenbild nicht entsprach: mit Unterwerfung oder Emanzipation? Wie
definierte sie sich innerhalb der Geschlechterordnung? Um diese Fragen zu beantworten werden
einzelne Themen die in den Briefen verhandelt werden (Freundschaft Machtverhältnisse zwischen
Mann und Frau Männerbilder Mädchenbildung Mutterliebe) vor dem Hintergrund der
theoretischen Texte (z.B. Rousseaus »Emile«) analysiert. Dadurch werden Hubers und Herders
Positionen innerhalb des Diskurses erkennbar. Es zeigt sich: Selbst kleinste Details des
Diskurses wurden Teil des realen Miteinanders von Mann und Frau entwickelten also eine starke
Wirkung Hubers Diskussion dieser Details lässt Widersprüche innerhalb des
Geschlechterdiskurses deutlich werden ordnungskonformes und emanzipatorisches Denken und
Handeln liegen dichter beieinander als erwartet typisch sind Ambivalenzen und die Entwicklung
einer Eigendynamik der Argumente.