Thomas Dehler einer der führenden liberalen Politiker nach 1945 war auf dem Feld der
Deutschlandpolitik ein großer Widersacher Konrad Adenauers. Udo Wengst zeichnet das Leben des
streitbaren und umstrittenen fränkischen Politikers nach. Vor dem Leser entfaltet sich die
Lebenswelt eines humanistisch gesinnten Liberalen der die Republik von Weimar gegen die Feinde
zu verteidigen suchte dessen Verhalten im Dritten Reich durch großen politischen Mut
gekennzeichnet war und der sich nach dem Ende der NS-Herrschaft mit Leidenschaft für den Auf-
und Ausbau einer rechtsstaatlichen Demokratie in Deutschland engagierte. Obwohl als
Bundesjustizminister und FDP-Fraktions- und Parteivorsitzender nach jeweils nur wenigen
Amtsjahren gescheitert hat Dehler in der Frühgeschichte der Bundesrepublik deutliche Spuren
hinterlassen. Vor allem mit seinem nachdrücklichen Festhalten am Ziel eines demokratisch
verfaßten deutschen Nationalstaates zählte er zu jenen die dafür gesorgt haben daß die Vision
von der Wiedervereinigung nicht verblaßte. Wie kaum ein anderer wirkte Dehler durch seine
politischen Reden - und auch im kollektiven Gedächtnis der Nachwelt sofern sie sich überhaupt
an Thomas Dehler erinnert hat er sich durch einige große Reden eingeprägt. Für den Verlauf der
Karriere Dehlers wichtiger waren aber zahllose andere Reden mit denen er Freund und Feind
irritierte weil er sich immer wieder zu Äußerungen hinreißen ließ die der Situation nicht
angemessen waren oder dermaßen verletzend wirkten daß nachträgliche Richtigstellungen
unumgänglich schienen. Vor allem auf die wenig kontrollierten Auftritte als Redner ist es
zurückzuführen daß Dehler nur etwa zehn Jahre lang von 1946 bis 1956 in politischen
Spitzenpositionen gewirkt hat.