Polysemiotische Kommunikation ist per se kein neues Phänomen. Vielmehr stellt der kombinierte
Einsatz heterogener semiotischer Ressourcen in allen Bereichen der interpersonalen
Kommunikation den Normalfall dar. Auch im ästhetischen Bereich bildet die Polysemiotizität seit
jeher die Grundlage für schöpferische Grenzüberschrei¬tungen und sinnlich-ganzheitliche
Erfahrungen - und dies tut sie nicht erst seit Wagners Vorstellung des alle großen Einzelkünste
umfassenden Gesamtkunstwerks wie dieser sie ab ca. 1850 in seinen polemisierenden
Kunstschriften erörtert hat. Neu ist dagegen die wissenschaftliche Ambition solche
kommunikativen Prozesse vollumfänglich beschreiben zu wollen. Inwiefern eine Relektüre
semiotischer 'Klassiker' (Ferdinand de Saussure Charles S. Peirce Charles Morris und Karl
Bühler) diesem Anliegen entgegenkommt ist Gegenstand der vorliegenden Studie. Es wird sich im
Besonderen der Frage gewidmet welche Relationen zwischen den Konstituenten eines
polysemiotischen Kommunikats bestehen können und was geschieht wenn dieses Relationsgefüge -
etwa im interkulturellen und interlingualen Transfer - notwendigerweise umdisponiert werden
muss um Akzeptanz bei einer neuen Zielrezipientenschaft zu erfahren. Veranschaulicht werden
die Implikationen solcher jenseits von Sprach- und Kulturgrenzen ablaufender polysemiotischer
Kommunikationsprozesse anhand von Beispielen aus dem Bereich der Librettoübersetzung.