Der Münchner Künstler Eugen Napoleon Neureuther (1806-1882) fiel als junger Mann bei König
Ludwig I. in Ungnade als er im Auftrag des Cotta-Verlags die Pariser Julirevolution von 1830
in großformatigen Arabesken illustrierte. Die in verschiedenen europäischen Ländern erneut
aufkommenden revolutionären Bewegungen um 1830 bewirkten auch in München eine reaktionäre
Wende. Neureuther mied in Folge klare politische Äußerungen in seiner Kunst profilierte sich
weiter mit literarischen Randzeichnungen und ging in die zeitgenössischen Biografien als
spätromantisch-konservativer Arabeskenzeichner ein. Eine aufmerksame Lektüre seiner arabesken
Randzeichnungen zeigt jedoch dass diese die literarischen Texte nicht nur illustrieren
sondern interpretieren kommentieren und in einigen Fällen sogar kritisch untergraben. Auch
Neureuthers fortdauernde Sympathien für den Liberalismus treten dabei deutlich zutage. In der
Monographie von Anna Fricke werden die vollständigen Vorzeichnungen zu Neureuthers
Randzeichnungen um Dichtungen der deutschen Classiker die der Künstler direkt im Anschluss an
seine Revolutionsarabesken konzipierte sowie weitere Handzeichnungen zum ersten Mal
veröffentlicht und besprochen. Zudem wird der handschriftliche Nachlass des Künstlers in
Privatbesitz der in der Neureuther-Literatur bisher nur punktuell zitiert wurde in einem
Regest aufgearbeitet. Insgesamt korrigiert die vorliegende Studie die bisherige einseitige
biographische Sicht auf den Künstler.As a young man the Munich artist Eugen Napoleon Neureuther
(1806-1882) fell out of favour with King Ludwig I when he was commissioned by the publisher
Cotta to illustrate the 1830 Parisian July Revolution in a series of large-format arabesques.
The renewed wave of revolutionary movements in many European countries around 1830 caused a
reactionary turn in Bavaria too. Afterwards Neureuther avoided overtly political expressions in
his art making his name instead with literary marginal illustrations and arabesques and
becoming known in contemporary biographies as a late-romantic conservative arabesque artist.
However a careful reading of his arabesque marginalia show that these do not merely illustrate
the literary texts they accompany but interpret and comment on them and in some cases even
critically undermine them. Neureuther's lasting sympathies with liberalism can also be clearly
perceived. Anna Fricke's monograph publishes and discusses for the first time all the
preliminary sketches for Neureuther's marginal illustrations for German literary classics
which the artist conceived in direct connection with his revolutionary arabesques as well as
other drawings. In addition the artist's manuscript archive which is in private hands and has
only been selectively cited in the literature on Neureuther is fully listed. Altogether this
study corrects the previous one-sided biographical view of the artist.