Seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts erleben die Theaterkollektive ein großes Comeback. Die
neuen Kollektive scheinen das gewisse ästhetische Etwas zu haben das die junge
Zuschauergeneration bewegt und Theater plötzlich wieder spannend macht. In den frühen
1970er-Jahren wurde die kollektive Theaterpraxis von einer studentenbewegten Generation junger
Theatermacher getragen und war ein direkter Ausdruck des neulinken Zeitgeists. Ist die aktuelle
Renaissance des Kollektivs also als eine Repolitisierung des Theaters oder gar der Gesellschaft
zu verstehen?Am Beispiel der Schaubühne am Halleschen Ufer sowie der Gruppen She She Pop und
Gob Squad beschäftigt sich diese Studie mit den kollektiven Produktionsverfahren am Theater in
den 1960er- 70er-Jahren und zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Während die früheren Kollektive
einhellig als der theatrale Vorgriff auf den Sozialismus verstanden wurden ist der aktuelle
Diskurs von einer Heterogenisierung der Positionen geprägt. Die heutigen Theaterkollektive
werden einerseits als die Wegbereiter der neoliberalen Deregulierung des Theatersystems
angesehen andererseits werden ihre Arbeitsweisen als neue Ausdrucksformen des Politischen
wahrgenommen.Vera Nitsche ist Theaterwissenschaftlerin und Germanistin. Sie promovierte in
deutsch-französischer Cotutelle (Universität Hildesheim Sorbonne Nouvelle Paris 3) und ist
Absolventin der agrégation d'allemand. Zurzeit arbeitet sie als Deutschlehrerin in
Südfrankreich und als Lehrbeauftragte an der Université Aix-Marseille.