Band 19 der Gesammelten Werke: Vladimir Nabokov bürstet Cervantes gegen den Strich und findet
Schätze! Neben seinen Vorlesungen über westeuropäische und russische Literatur nimmt die über
Cervantes' Don Quijote eine Sonderstellung ein. Er hielt sie nur ein einziges Mal 1952 als
Gastdozent an der Harvard-Universität und er wusste dass er seinen Hörern eine ketzerische
Ansicht des Weltklassikers zumuten würde. Denn er mochte den Roman nicht. Nicht nur seine oft
bemerkte erzählerische Schludrigkeit missfiel ihm vor allem stieß ihn die Brutalität ab mit
der die Mitmenschen den zwar verrückten aber edelmütigen und tapferen Pseudoritter traktieren
zur Schadenfreude des Lesers und wohl auch des Autors. Doch siehe da unter all den Rohheiten
entdeckte Nabokov dann nicht nur eine Menge künstlerisch hervorragender Stellen sondern auch
dass der malträtierte Held längst aus dem zweifelhaften Buch herausgewachsen war und
schließlich für alles stand was sanftmütig hilflos rein selbstlos und ritterlich ist. Das
Spottbild ist zum Leitbild geworden. Überaus lesenswert und unterhaltsam sind Nabokovs
Vorlesungen deshalb weil er eben kein Literaturwissenschaftler war sondern in erster Linie
ein Literaturliebhaber passionierter Leser und Fan. Und zwar einer mit ebenso starken wie
streitbaren Ansichten und einer der anders als die meisten Akademiker keine Sekunde davor
zurückscheute diese streitbaren Ansichten so laut und so unversöhnlich wie möglich zu äußern.
Mithin kann man hier einem der größten und prägenden Romane der Weltliteratur und zugleich
einem ihrer herrlichsten Snobs und Pedanten wiederbegegnen.