Vor dem Schreiben liegt das Nichtschreiben - die Berührung mit der Realität die für Péter
Nádas viele Bezirke Räume Dimensionen umfasst. Ohne täglich von neuem all dessen innezuwerden
was sich im Bewusstsein drängt von den Träumen Alltagsbeobachtungen und ästhetischen
Erfahrungen bis zu den verstörenden Nachrichten könnte er nicht beginnen. Diese unverzichtbare
Übung hat neben seinen Meisterwerken der Erzählkunst Betrachtungen zu Kunst und Literatur
sowie große Abhandlungen hervorgebracht in denen Nádas historische Verwerfungen und Abgründe
des Menschlichen ausleuchtet. Leni weint versammelt die wichtigsten dieser Essays aus den
Jahren 1989 bis 2014 - ein Vierteljahrhundert das mit einem politischen Aufbruch in die
Freiheit begann und mit dem Rückfall in den aggressiven Populismus endete. Wie es dazu kommen
konnte dass die Bürger Ungarns und anderer osteuropäischer Staaten heute wieder autoritär und
nationalistisch regiert werden wie sehr die Gründe in den Katastrophen des 20. Jahrhunderts
aber auch in globalen Entwicklungen zu suchen sind das entwickelt Nádas mit Scharfsinn und
Leidenschaft. Seine Kunst das literarische Subjekt zum Schauplatz der Epoche zu machen
schließt das Nachdenken über anthropologische und moralische Fragen über Wahrheit und Lüge
Kunst und Verbrechen Vertrauen und Täuschung ein. Ob es um eine traumatische Erfahrung Leni
Riefenstahls Hitlers Hofkünstlerin geht um die osteuropäische Schattenwirtschaft oder um die
Folgen des 11. Septembers - intellektuelles Engagement und literarische Sensibilität gehören
zusammen.