Die Zahl der Ehenichtigkeitsverfahren die an deutschen Diözesangerichten mit einer Streitfrage
aus einer der drei psychischen Eheunfähigkeiten des c. 1095 CIC geführt werden ist in den
vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen und macht nun fast flächendeckend den Großteil
solcher Verfahren aus. Dadurch geraten sowohl Parteien wie Gerichtspersonal zwangsläufig in
enge Berührung mit dem Spannungsfeld zwischen Kanonischem Recht und Psychiatrie Psychologie
denn die geltende Eheprozessordnung Dignitas Connubii von 2005 sieht für solche Verfahren die
Beiziehung eines entsprechenden Sachverständigen zunächst grundsätzlich vor. Angesichts der
Ausgangslage kommt konkreten Fragen in der praktischen Anwendung eine hohe Bedeutung zu: Wie
wählt das Richterkollegium beispielsweise einen geeigneten Sachverständigen aus und welche
Fragen sind diesem vorzulegen auf die er in seiner Expertise antworten soll? Wie ist es um
Würdigung und Evaluation des Sachverständigengutachtens bestellt der sich der Richter
letztlich nicht entziehen kann? Was ist das Verhältnis zwischen Richter und Sachverständigem
was ist Aufgabe des Bandverteidigers?Die Auseinandersetzung mit ehe- und prozessrechtlichen
Normen die in Verfahren aus c. 1095 CIC mit Blick auf das Sachverständigengutachten besondere
Relevanz entfalten erfolgt - bei Berücksichtigung entsprechender Grundlagen aus Psychologie
und Psychiatrie sowie einiger kanonistischer Spezialfragen - insbesondere unter Einbeziehung
von Rechtsprechung und Praxis des päpstlichen Gerichts der Rota Romana. Gliederungsvorschläge
für Sachverständigengutachten in Eheverfahren und Interrogatorien geben schließlich Richtern
und Parteien Hilfestellung für einen zielführenden Dialog der Disziplinen.Die Studie
präsentiert somit eine wissenschaftliche Auseinandersetzung unter ständiger Rückbindung an
konkrete wie praxisrelevanter Gesichtspunkte und zeigt dass der c. 1095 CIC weder
Gummiparagraph noch Scheidungskanon ist sondern vielmehr neben der juridischen Komponente
stets auch pastorales Instrument der Kirche und wirkliche Chance für die Betroffenen.