In der Bibelauslegung der modernen westlichen Theologie spielt die spirituelle Erfahrung der
Ausleger zumeist keine Rolle. Vor allem in der protestantischen Tradition hat sich die
Bibelauslegung von Anfang an unter starkem Bezug auf die Wissenschaften entwickelt. Der
Professor ist hier der Experte - nicht der Heilige! Ganz anders die Schriftauslegung der
Ostkirchen. In bewusster Anknüpfung an ihre frühchristlichen Ursprünge zeichnet diese sich
durch eine starke Bindung an die kirchliche und liturgische Erfahrung - an die Spiritualität
der Gläubigen - aus. Ausgehend von diesem Befund untersucht die vorliegende Arbeit die
spezifisch theologische Struktur der ostkirchlichen Bibelauslegung und fragt nach ihrem Beitrag
zur Wiedergewinnung der Nähe von Schrift und Erfahrung im Westen.