Welchen Arbeitsbelastungen sind Ärzte ausgesetzt? Was sind deren gesundheitliche Folgen? Und
wie stehen Ärzte zu ihrer eigenen Gesundheit? Anhand von Quellen aus öffentlichen und privaten
Archiven in Deutschland sowie aus ärztlichen Standes- und Fachzeitschriften zeigt Sebastian
Wenger dass das Gesundheits- und Krankheitsverhalten der Ärzte auf einem spezifischen
ärztlichen Habitus beruht. Dieser ist geprägt von Idealen der Leistungsfähigkeit der
Aufopferungsbereitschaft und der Unverwundbarkeit. Er entstand in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts und besteht bis heute fort.Ein Resultat dieses Habitus ist das Leugnen von
physischen und psychischen Leiden welches mit der Selbstbehandlung einhergeht. Erst in einem
späten Stadium ihrer Erkrankung suchen sich Ärzte professionelle Hilfe. Die Fassade des
gesunden und leistungsfähigen Mediziners soll in jedem Fall aufrechterhalten und damit die
Kompetenz des Gesundheitsexperten gewahrt werden. Wenger sieht darin in Kombination mit den
Rahmenbedingungen in Praxis und Klinik sowie den damit verbundenen Belastungen die Hauptursache
für die Anfälligkeit der Ärzte für einen Suizid oder bestimmte Krankheiten wie psychische
Störungen und die Entwicklung einer Betäubungsmittelsucht.