Krankheiten befallen Individuen Seuchen befallen Gesellschaften. Epidemien wirkten schon in
der Vergangenheit als Katalysatoren der Differenzierung. Zu Beginn einer Seuchenkatastrophe
stand zunächst die Frage nach der Natur der Seuche etwa Was ist die Pest?. Aus den Antworten
leitete man schließlich Strategien zu Prophylaxe und Therapie ab. Vergleicht man
mittelalterliche Texte mit aktuellen Schriften zur Ursache einer Seuche so fällt die Vielfalt
der gleichzeitig gültigen Theorien über die Natur der Krankheit ins Auge. Den vormodernen
Zeitgenossen boten sich mehrere Fachgebiete die eine Erklärung oder Abhilfe versprachen.
Anhand von 30 süddeutschen Pestschriften sowie Quellen der Städte Nürnberg Augsburg und
München untersucht Katharina Wolff die praktische Umsetzung dieser Krankheitstheorien im
individuellen Lebensbereich bzw. im städtischen Kollektiv. Wolff führt anschließend durch die
Ideengeschichte des Mikrokosmos zu Alexandre Yersin dessen Antwort auf die Frage Was ist die
Pest? bis heute Gültigkeit hat. Der Blick streift kurz auch moderne Adaptionen von Seuchen in
der Popkultur und die sozialen Aspekte von Epidemien: Seuche ist etwas das man tut. Das
Sozialgefüge auf das ein Erreger trifft macht mindestens 50% des Verlaufs einer Epidemie aus.