Unversorgte Kinder in städtischen Gesellschaften brauchten nicht nur einen besonderen Schutz
sie stellten Kommunen auch vor die Herausforderung ihre Entwicklung und Ausbildung zu
gewährleisten. Das Ulmer Fundenhaus war vom späten Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert
Anlaufstelle für unversorgte Kinder der Region. Gegenüber anderen frühneuzeitlichen Findel- und
Waisenhausgründungen des deutschsprachigen Raums weist das Fundenhaus einige Besonderheiten
auf: So wurde in Ulm dauerhaft auf eine gewerbsmäßige Ausbeutung der kindlichen Arbeitskraft
verzichtet und schon früh eine hauseigene medizinische Versorgung für die Kinder etabliert.
Maria Griemmert beschreibt den Stellenwert den die Fundenkinder und ihre Institution im
urbanen Kosmos der Reichstadt hatten: Welche Kinder fanden überhaupt Eingang in die
Institution? Welches Finanzierungsmodell trug das Haus durch die Jahrhunderte? Welche
Erziehungsideale und Strafkonzepte prägten den Alltag der Kinder? Und wie wurde ihre
Gesundheitsfürsorge begriffen? Griemmert leistet mit diesem Band einen Beitrag zur historischen
Dimension von Medikalisierung Stigmatisierung und Teilhabe im gesellschaftlichen Umgang mit
unversorgten Kindern.