Augustins Über den Literalsinn der Genesis stellt inhaltlich und methodisch nicht nur für
Spezialisten sondern auch für ein breiteres Publikum eine reizvolle Lektüre dar: Warum ist am
Anfang der Bibel von der Erschaffung eines Lichts die Rede wo die Gestirne doch erst später
hervorgebracht werden? Wieso sind zwei verschiedene Schöpfungserzählungen nebeneinander
gestellt? Welche Rolle kommt dem narrativen Charakter der Texte zu? Auf der Suche nach
möglichen Lösungsansätzen entwickelt der Kirchenvater eine methodisch offene plurale
Hermeneutik die auch heute in allgemeiner Hinsicht eine literatur- und
geisteswissenschaftliche Alternative für die Textinterpretation darstellt weil sie in enger
Rückbindung an den zu interpretierenden Text ein breiteres Konzept von 'Literalsinn' eröffnet
in welches ein spezifisch-geistiges Verständnis integrierbar erscheint. Dabei bleibt seine
Exegese konkret muss rationalen Überprüfungen anhand von philosophisch und
naturwissenschaftlich abgesicherten Argumenten standhalten und ist insofern als kritisch
reflektiert zu bezeichnen. Literaturwissenschaft Theologie Erkenntnistheorie und
Naturphilosophie treten in einen fruchtbaren Dialog miteinander der weitergedacht und
fortgeführt werden kann und sollte.