Zu Beginn des 19. Jahrhunderts begegnet die deutschsprachige Medizin dem Anderen: dem als
Orient konstruierten Südosten Europas dem Osmanischen Reich und den Gebieten Nordafrikas
Persiens und der arabischen Halbinsel. In der Fachliteratur in Debatten und in den Erfahrungen
vor Ort tätiger Ärzte spiegelt sich die Begegnung unterschiedlicher medizinischer Systeme - die
akademische Medizin integriert das Wissen der heilkundlichen Lehren des Osmanischen Reichs
nutzt es als Experimentierfeld und Erfahrungsraum. Später verändert sich die Position der
ärztlichen Akteure: Von Beobachtern und vereinzelt Teilnehmenden werden auch deutschsprachige
Ärzte im Osmanischen Reich und Ägypten zu Betreibern eines grundlegenden strukturellen Wandels
der auf eine Verdrängung der traditionellen heilkundlichen Methoden abzielt. Die Periode einer
als Modernisierung und Reform verstandenen Machtübernahme europäischer medizinischer Strukturen
im Osmanischen Reich beginnt. Marcel Chahrour wirft einen Blick auf die Vorgeschichte dieser
Reformperiode und zeigt vom Standpunkt Wiens wie die sich verändernde Medizin Europas das
Andere konstruiert während sie sich selbst findet.