Wie spät ist es? Diese vermeintlich einfache Frage bereitete im Verlauf des 19. Jahrhunderts
zusehends Kopfzerbrechen. Die Industrialisierung machte eine Standardisierung der Zeit
notwendig: Die alten sonnenbestimmten Ortszeiten passten nicht mehr zu den modernen Zeiten.
Nach ersten Vereinheitlichungen durch Eisenbahnzeiten widmete sich auch das Deutsche Reich der
Synchronisierung bis dato gültiger Zeitregime: 1893 wurde mit der MEZ erstmals deutschlandweit
eine Einheitszeit eingeführt was zur Identitätsbildung im jungen Nationalstaat beitragen
sollte. In den Folgejahrzehnten blieb die Frage neuer staatlicher Zeitregelungen Gegenstand
intensiver gesellschaftlicher Debatten. Dies galt für die erstmalige Einführung der Sommerzeit
während des Ersten Weltkriegs ebenso wie für den Umstieg auf die 24-Stundenzählung. Wie
deutsche Politiker und Wissenschaftler um die Zeit stritten welche Standards sich etablierten
und die vielfältigen Kompromisse die die Bevölkerung dabei eingehen musste stellt Felix
Schmidt erstmals detailliert dar. Dabei bettet er seine quellenreiche Grundlagenforschung zur
Zeitstandardisierung in Deutschland zwischen 1860 und 1930 in den internationalen Kontext ein.