Interne Konflikte bewältigten Griechen und Römer - anders als wir - nicht durch Aufarbeitung
sondern durch Verdrängung: Politisch verordnetes kollektives Vergessen war eine Option die
Aussöhnung und inneren Frieden stiften sollte und konnte. Amnestien etwa waren eine präemptive
Maßnahme um ein Wiederaufleben von Konflikten zu verhüten Kommunikationsabbrüche zielten auf
Prävention. Dieser analytische Essay versammelt prinzipielle Überlegungen zum kollektiven
Vergessen sowie dessen Formen und stellt es in den größeren Kontext besonderer mentaler
Dispositionen. Die Antike brauchte das Vergessen. Seine Optionalität steht im engsten
Zusammenhang mit der Konfliktunfähigkeit der politischen Kulturen in Hellas und Rom. Alles
mündet daher in die These dass das kollektive Vergessen in den so eigenen antiken
Friedensvorstellungen seine letzte Begründung findet. Im Vergessensgebot begegnet uns der
tiefste Ausdruck der Totalität von Konsens und Dissens im politischen Empfinden Denken und
Handeln der Griechen und Römer kannten sie doch nicht den Kompromiss. Interne Konflikte
konnten nicht beigelegt allenfalls eingehegt werden - durch das Vergessen.