Bürgerbriefe an Politikerinnen und Politiker sind im 20. Jahrhundert eine weitverbreitete
Partizipationsform. Bürgerinnen und Bürger wandten sich mit Huldigungen Bitten Stellungnahmen
oder Kritik an ihr politisches Personal. Zwischen Privatheit und Öffentlichkeit umgingen
Bürgerbriefe staatliche Hierarchieebenen und beanspruchten mit "Volkes Stimme" zu sprechen.
Sie dienten der politischen Einflussnahme jenseits von Wahlen Parteien oder Demonstrationen.
Die Politik nahm diese Schreiben als Stimmungsbarometer erstaunlich ernst und wendete viel Zeit
und Mühen für die Antworten auf. Die Autorinnen und Autoren des Bandes untersuchen den Wandel
dieser politischen Kommunikationsform vom Kaiserreich bis zur Deutschen Einheit 1990. Sie
fragen nach den Motiven Strukturen und Inhalten der Schreiben sowie nach der Sozialstruktur
der Schreibenden. Welchen Stellenwert haben Emotionen und Autoritätsbekundungen? Welches
Verständnis von Staat und Demokratie welche Erwartungen an die Politik drückt die
Korrespondenz aus? Die Bürgerbriefe in Diktatur und Demokratie erweisen sich als ambivalent:
ein Medium der politischen Partizipation das aber nicht unbedingt die Demokratie fördert.