Auf empirischer Grundlage untersucht Richard Steinberg die Krisenwahrnehmung und -diskurse im
Europäischen Parlament während der 1970er Jahre (1969-1986). Dabei analysiert er welche
Ereignisse und Prozesse von den Abgeordneten als Krisen wahrgenommen wurden in welcher Weise
und aus welchem Grund dies geschah. Zudem untersucht er das parlamentarische Selbstverständnis
und die europapolitischen Vorstellungen in Krisendiskursen. Die Analyse der Plenardebatten
zeigt dass ein sich etablierender übergeordneter Krisendiskurs prägend für das
parlamentarische Selbstverständnis die Selbstverortung und für die Abgrenzung gegenüber den
anderen Institutionen war. Der Metadiskurs fungierte als Bindemittel über nationale und
parteipolitische Grenzen hinweg und setzte sich im Parlament als dominantes Deutungsmuster der
politischen Gegenwart durch. Steinberg leistet einen Beitrag zur Erforschung von Krisen der EU
der Geschichte des Europäischen Parlaments sowie zur Bewertung der 1970er Jahre aus
integrationspolitischer Sicht. Seine Arbeit ermöglicht ein tieferes Verständnis für die Rolle
von Krisendiskursen im Europäischen Integrationsprozess - auch mit Blick auf aktuelle
Krisendebatten.