Manfred Frank hat in seinen Tübinger Ernst-Bloch-Vorlesungen »Indivi-dualität« zu seinem Thema
gemacht: Ist das Individuum theoretisch am Ende ebenso wie seine Existenz in der Realität
bedroht ist? Eine erste Antwort auf diese Frage muß bejahend sein. Die Philosophie selbst
begeg-net seit ihren antiken Anfängen zahlreichen Wortverbindungen in denen Elemente aus der
semantischen Sphäre der Eigenheit-Einzelnheit vor-kommen mit Skepsis oder offener Verachtung.
Die nicht-philosophischen Wissensformen sind ihrerseits keineswegs individualitätsfreundlicher.
Der Gedanke der Wissenschaft verlangt vielmehr aus strikt methodolo-gischen Gründen den
Ausschluß des Individuellen. Bei genauerer Betrachtung erweist sich jedoch daß eine positive
Antwort auf die eingangs gestellte Frage voreilig ist. Unter »Individuum« und »Individualität«
ist zu verschiedenen Zeiten der Evolution der europäischen Intelligenz nicht dasselbe
verstanden worden. Und nicht einmal für das auf das magische Jahr 1775 datierte Aufblühen des
»Individualismus« der im nachhinein mit dem »bürgerlichen Individualismus« identifiziert
worden ist ist die semantische Einheit des Terms gesichert. Die Frage läßt sich also nur
entscheiden auf der Grundlage einer geduldigen Rekonstruktionsarbeit. Sie unternimmt Manfred
Frank im vorliegenden Band. Er beginnt »ab ovo«: Welches sind die Beziehungen die die Begriffe
Subjekt und Individuum in der neueren philosophischen Diskussion zueinander unterhalten? Wie
verhalten sich beide zum Begriff der Person welches ist die ihr eigene Identität oder
Nicht-Identität?