Die bekannte Philosophin Nancy Fraser untersucht eine Reihe von neueren Ansätzen kritischer
Gesellschaftstheorie in Frankreich Amerika und Deutschland und im Hinblick auf die Theorie und
Praxis der Frauenbewegung. Ziel ist die Ausarbeitung einer kritischen Theorie die als
Reflexion der politischen Praxis an praktischen Eingriffsmöglichkeiten orientiert ist. Eine
solche Gesellschaftstheorie definiert Fraser als »Selbstverständigung der Zeit über ihre Kämpfe
und Wünsche« wobei der Kampf gegen die Unterdrückung der Frau im Mittelpunkt steht. Getreu der
Prämisse daß sich eine kritische Gesellschaftstheorie von den traditionellen Denkgebäuden
durch ihre Orientierung an der politischen Praxis (und nicht durch ein epistemologisches
Merkmal) unterscheidet arbeitet Fraser sowohl die methodisch und inhaltlich relevanten
Einsichten neuerer Gesellschaftstheorien als auch ihre systematischen Grenzen blinden Flecke
und Leerstellen heraus. Ihre Arbeiten situieren sich einerseits in der Nachfolge der
sogenannten »Poststrukturalisten« und sind andererseits der Kritischen Theorie von Jürgen
Habermas verbunden. Beide Positionen werden einer kritischen Lektüre hinsichtlich des
Geschlechterverhältnisses unterzogen.