Die Zeit des Exils in Finnland (1940 41) war für Bertolt Brecht eine der produktivsten Phasen
seines Schaffens. Gemeinsam mit der finnischen Schriftstellerin Hella Wuolijoki auf deren Gut
Marlebäck die Familie Brecht drei Monate zu Gast war verfaßte er Herr Puntila und sein Knecht
Matti. Wuolijoki war es auch die ihm 1940 das Stück Tragödie einer Frau. Die Geschichte der
Ausländerin Okichi von Yamamoto Yuzo vorlegte. Brechts Bearbeitung des japanischen Originals
galt lange Zeit als Stückfragment. Im Nachlaß Hella Wuolijokis fanden sich jedoch von ihr
verfaßte Szenen die zusammen mit denen Brechts ein Ganzes bilden und das Stück als
Gemeinschaftsprojekt ausweisen. Die Judith von Shimoda zeigt am Beispiel der Geisha Okichi ein
typisches Heldenschicksal. Während große Heroen dauerhaft in die Geschichte eingehen geraten
die kleineren schon kurz nach ihrem Einsatz in Vergessenheit. Mit dieser Tradition bricht das
Stück bewußt und bringt auch das auf die Bühne was nach der Tat geschieht. Das Motiv des
Opfers für das Heimatland erinnert an Brechts frühen Einakter Die Bibel oder an die stumme
Kattrin in Mutter Courage und ihre Kinder. Für den vorliegenden Band rekonstruierte Hans Peter
Neureuter eine Spielfassung die aus den Bruchstücken Brechts und Wuolijokis ein stimmiges
Ganzes werden läßt. Zahlreiche Materialien und ein Nachwort dokumentieren die Entstehung und
den werkgeschichtlichen Kontext dieses faszinierenden Fundes.